Zeitlicher Abstand Verlauf Infizierte zu Toten

Wie schon an anderen Stellen gezeigt, unterscheidet sich der aktuelle Verlauf dessen, was manche als dritte Welle bezeichnen, von erster und zweiter Welle. Dies gilt in Bezug auf den zeitlichen Abstand der Zahl täglicher Neuinfektionen im Vergleich zum Verlauf täglicher Todesfälle. Um dies zu veranschaulichen zeigt die folgende Abbildung zunächst den Verlauf der normierten Infektions- und Todeszahlen für die erste Welle.

Das folgende Diagramm zeigt den Abstand der beiden Kurven für die ansteigende und abfallende Flanke für die relativen Y-Werte von 0,1 bis 0,9 (also 10 bis 90 Prozent). Der maximale Abstand beträgt für die ansteigende Flanke 19, der minimale 12 Tage. Der Mittelwert liegt bei 15,3\pm2,9 Tagen. Der maximale Abstand für die fallende Flanke beträgt 18, der minimale 9 Tage. Der Mittelwert liegt bei 15,0\pm2,6 Tagen.

Die nächste Abbildung zeigt den Verlauf der normierten Infektions- und Todeszahlen für die zweite Welle.

Das folgende Diagramm zeigt den Abstand der beiden Kurven für die ansteigende und abfallende Flanke für die relativen Y-Werte von 0,1 bis 0,9 (also 10 bis 90 Prozent). Der maximale Abstand beträgt für die ansteigende Flanke 39, der minimale 5 Tage. Der Mittelwert liegt bei 25,8\pm12,3 Tagen. Der maximale Abstand für die fallende Flanke beträgt 21, der minimale 15 Tage. Der Mittelwert liegt bei 17,7\pm2,2 Tagen. Für die Infektionszahlen erreicht die fallende Flanke den relativen Wert von 0,3 und kleiner nicht mehr, weshalb die entsprechenden Punkte (orangefarbene Kurve) fehlen. Es fällt vor allem die große Streuung des Abstands im Verlauf der steigenden Flanke auf.

Für die „dritte Welle“ kann nur der Beginn ausgewertet werden, da die Kurve, die den Verlauf der Zahl täglicher Todesfälle beschreibt, gerade erst zu steigen beginnt; falls sich dieser Trend in den nächsten Tagen bestätigt. Aktuell kann als Beginn der nächsten Welle t_{437} (02.04.2021) für den Verlauf der Toten angenommen werden. Die Infektionszahlen beginnen an t_{391} (15.02.2021) wieder zu steigen. Für diesen Zeitpunkt ergibt dies einen zeitlichen Abstand von 46 Tagen. Dieser Wert ist größer als alle Abstände, die für erste und zweite Welle gemessen wurden.

Zwischenfazit

Bezüglich des Abstands der beiden Kurven für Infektionszahlen beziehungsweise Todeszahlen ergeben sich Unterschiede zwischen erster und zweiter Welle. Ob dieser Unterschied real ist oder ob dieser auf eine veränderte Datenerfassung oder verändertes Testregime zurückzuführen ist, muss an dieser Stelle offen bleiben. Für die dritte Welle kann außer zum Beginn keine Aussage getroffen werden. Sollte sich aber tatsächlich herausstellen, dass es echte biologische Unterschiede zwischen den einzelnen Wellen gibt, dann sollten diese auf veränderte, mutierte Viren zurückzuführen sein. In diesem Falle müssten auch andere Parameter verändert sein, wie zum Beispiel die Fallsterblichkeitsrate (basierend auf normierten Infiziertenzahlen, für die die Zahl durchgeführter Tests berücksichtigt wurden) oder möglicherweise auch die Belegung der Intensivbetten.

Fallsterblichkeitsrate

Bisher habe ich die Fallsterblichkeitsrate ganz einfach dadurch berechnet, in dem die Sterbefälle eines bestimmten Tages durch die Anzahl an Neuinfektionen für den selben Tag geteilt wurden. Wie in Abschnitt ‚Zeitlicher Abstand Verlauf Infizierte zu Toten‘ ausgeführt, sind die beiden Kurven aber zeitlich zueinander verschoben. Für die erste Welle um etwa 15 Tage, für die zweite Welle zwischen 18 und 26 Tagen.

Die folgende Abbildung zeigt die selben Daten der ersten Welle wie die erste Abbildung, allerdings wurde die schwarze Kurve, die den Verlauf der Zahl täglicher Neuinfektionen zeigt, um 15 Tage nach rechts verschoben. Dies entspricht dem Ergebnis der Auswertung aus Abbildung 2. Die beiden Kurven liegen durch diese Verschiebung fast genau übereinander.

Die Fallsterblichkeitsrate wurde nun genau für die so verschobene Zahl täglicher Neuinfektionen berechnet. Die folgende Abbildung zeigt das Ergebnis, wobei die Fallsterblichkeitsrate für den Zeitraum t_{75}-t_{107} (05.04.2020 – 07.05.2020) berechnet wurde. Dieser Zeitraum entspricht dem Bereich, an dem die beiden Kurven mit ihrer steigenden beziehungsweise fallenden Flanke das 50 Prozent – Niveau (y=0,5) schneiden.

In der Abbildung ist zu erkennen, dass die Fallsterblichkeitsrate, berechnet an Hand der verschoben Kurve der Zahl täglicher Neuinfektionen (rot) über einen recht langen Zeitraum nahezu parallel zur X-Achse verläuft. Mittelwert wie Median der Fallsterblichkeitsrate betragen über den berechneten Bereich etwa ein Prozent. Nur an den Randbereichen, also am Beginn sowie am Ende der ersten Welle, weicht die Fallsterblichkeitsrate deutlicher von einem Prozent ab. Diese relativ kurzen Zeiträume kann man als Einschwing- oder Abklingphasen betrachten.

Die gleiche Betrachtung folgt nun für die zweite Welle. Die folgende Abbildung zeigt daher erneut den Vergleich täglicher Neuinfektionen mit dem Verlauf der täglich Verstorbenen (rote Kurve). Die schwarzen Kurven zeigen die Inzidenz, also die Zahl täglicher Neuinfektionen. Die durchgezogene Linie zeigt die nicht verschobenen Daten, die gestrichelten den in positive X-Richtung verschobenen Inzidenzverlauf. Es sind Kurven zu drei verschiedenen Verschiebungen dargestellt, 1) 18 Tage, 2) 22 Tage und 3) 26 Tage. Der 18 Tage Wert ergibt sich aus dem Mittelwert des zeitlichen Abstands der fallenden Flanke, 26 Tage entspricht dem Mittelwert der steigenden Flanke und 22 ist der Mittelwert aus 18 und 26.

Man erkennt, dass die zweite Welle sich in ihrer Form von der ersten unterscheidet. Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass die Kurve der Neuinfizierten breiter ist als die Kurve, die den Verlauf täglich Verstorbener zeigt.

Der Verlauf täglicher Neuinfektionen erscheint also gestreckt gegenüber dem Verlauf täglicher Sterbefälle. Wie wirkt sich dies auf den Verlauf der Fallsterblichkeitsrate aus? Die folgende Abbildung zeigt in schwarz die Fallsterblichkeitsrate (FSR) ohne Verschiebung der Inzidenz, die drei roten Kurven die FSR verschoben, wie oben beschrieben. Die graue, gestrichelte Linie zeigt die zwei Prozent Linie. Mit Ausnahme des Beginns der zweiten Welle sowie der Störungen um Weihnachten liegt die FSR bei etwa zwei Prozent. Der rote Pfeil markiert den zweiten Lockdown vom 02.11.2020, der blaue Pfeil den harten Lockdown vom 16.12.2020. Die grüne Linie zeigt den relativen Verlauf der Testzahlen, wobei „2“ 100 Prozent darstellt.

Zwischenfazit Fallsterblichkeitsrate

Eine Verschiebung der Kurven für Inzidenz und Sterbefälle, die in etwa dem zeitlichen Abstand zwischen Beginn der Krankheit und Tod darstellt, führt dazu, dass die FSR pro Welle recht konstant (im Rahmen der Genauigkeit der Daten) verläuft. Das ist zwar irgendwie trivial, allerdings ist die FSR der zweiten Welle genau doppelt so groß, wie die der ersten Welle. Dies könnte man durch ein mutiertes Virus erklären, dass sich tödlicher auswirkt. Unterstellt man eine unveränderte Wirkung des Virus kann die Zunahme einfach durch andere Dunkelziffern erklärt werden. Streeck hat in seiner Gangelt Studie für die erste Welle eine Dunkelziffer von etwa Faktor zehn errechnet, wobei er dazu die vom RKI publizierten Zahlen täglicher Neuinfektionen verwendete. Die auf dieser Seite vorgestellten Daten für die Inzidenz sind dagegen auf die Testzahlen normiert. Im Zeitraum der ersten Welle (t_{60}-t_{100}) beträgt die Testrate nur ein viertel der zweiten Welle (t_{279}-t_{334}). Die normierten Zahlen für die erste Welle sind daher um Faktor vier größer als die vom RKI publizierten Werte. Das bedeutet, die von Streeck berechnete Dunkelziffer muss durch vier geteilt werden. Auf Grund der sehr konkreten Datenbasis aus der Gangelt Studie erscheint dieser, nun zu 2,5 umgerechnete Wert, belastbar. Das RKI gibt laut zdf die Dunkelziffer mit Faktor 4-5 an. Aus all diesen Werten kann man sowohl für die erste als auch für die zweite Welle eine Sterberate von 0,4 Prozent errechnen (1 Prozent geteilt durch 2,5 beziehungsweise 2 Prozent geteilt durch 5).

Bezüglich des Parameters Sterberate ergibt sich damit kein Hinweis auf eine unterschiedliche Biologie des Virus im Vergleich erster zu zweiter Welle. Da die FSR in der zweiten Welle in etwa doppelt so hoch ist, wie in der ersten Welle, bezogen auf die normierten Fallzahlen, muss die Dunkelziffer in der zweiten Welle doppelt so groß angenommen, wie in der ersten Welle.

Intensivbetten-Belegung

Wie oben beschrieben, ergibt sich aus der Betrachtung der Sterberate kein Hinweis auf eine veränderte Biologie des Virus im Vergleich erster zu zweiter Welle. Daher ein Blick auf die Entwicklung der Belegung der Intensivbetten durch Corona Patienten. Die folgende Abbildung zeigt vergleichend (daher sind normierte Werte dargestellt) den Verlauf der Inzidenz (schwarz) mit der Intensivbettenbelegung (blau) und der Zahl täglicher Sterbefälle (rot).

Die in der Abbildung angegebenen Zahlen zu den Maximalwerten sind nicht normierte Werte zu erster und zweiter Welle sowie der Zeitpunkt, zu dem sie auftraten. Die zeitliche Differenz zwischen Maximum Infizierter und Toter beträgt in der ersten Welle 16 Tage, in der zweiten Welle 12 Tage. Die zeitliche Differenz zwischen Maximum Infizierter und der Intensivbettenbelegung beträgt in der der ersten welle 13 Tage in der zweiten 1 Tag. Das heißt, der Unterschied von Infizierten zu Toten zwischen erster und zweiter Welle bleibt in der gleichen Größenordnung, wohingegen der Unterschied zwischen Infizierten und Intensivbettenbelegung sich um Faktor 10 verringert. Diese Entwicklung zeigt sich schon in der steigenden Flanke. In der ersten Welle hinkt der Verlauf der Intensivbettenbelegung dem Verlauf der Inzidenz hinterher, in der zweiten Welle verlaufen beide Kurven nahezu parallel. In der absteigenden Flanke nimmt der Abstand zwischen Inzidenz und Intensivbettenbelegung wieder zu, die Kurven laufen auseinander.

Was außerdem auffällt, ist, dass zwischen den beiden Wellen im Sommer, die relative Anzahl belegter Intensivbetten auf einem ähnlichen Niveau verbleibt, wie die Zahl täglicher Neuinfektionen. Das ist überraschend, da bei niedriger Prävalenz der Anteil falsch positiver Testergebnisse relativ hoch ist. So ergibt sich zum Beispiel bei einem Test mit einer Spezifität von 99,5 Prozent eine falsch Positivrate von 0,5 Prozent. Bei einer Positivrate von einem Prozent (in den Sommerwochen KW 33 bis KW 37 2020 lag die Positivrate zwischen 0,73 und 0,98 Prozent) stellen die falsch positiv gemessenen mindestens 50 Prozent aller „Infizierten“.

Da im Sommer des letzten Jahres noch keine zweite Welle begonnen hatte, wird im folgenden der Verlauf der drei Kurven, Inzidenz, Intensivbettenbelegung und Sterbefälle normiert auf die erste Welle betrachtet.

Die Zahlen in der Mitte des Bildes geben die Mittelwerte der normierten Kurven für den Zeitraum vom 19.07. bis zum 17.09.2020 an. Die Mittelwerte von Inzidenz (8,4\pm1,0) und Intensivbettenbelegung (8,1\pm0,4) unterscheiden sich nicht und sind etwa um den Faktor vier größer als der Wert für die Sterbefälle (2,0\pm0,4). Bei konstanter Sterberate müsste die Inzidenz aber ebenfalls auf zwei Prozent abfallen. Mit einer falsch Positivrate von 50 Prozent ließe sich ein Wert von vier Prozent erklären. Für die Belegung der Intensivbetten sollte ähnliches gelten. Bei konstanter Rate an Infizierten, die auf die Intensivstation müssen, müsste der relative Wert der Belegung im Sommer auf zwei Prozent abfallen.

Fazit

Die Betrachtungen zur Fallsterblichkeitsrate haben ergeben, dass die Dunkelziffer in der zweiten Welle etwa doppelt so groß angenommen werden muss, wie in der ersten Welle. Das bedeutet, dass die deutliche Zunahme an durchgeführten Tests um bis zu dem fünffachen in der zweiten Welle, keineswegs zu einer besseren Beschreibung des Infektionsgeschehens beitragen. Ein auf Stichproben basiertes Verfahren, wie der seit zwanzig Jahren verfolgte Ansatz der Konsultationspraxen und dem daraus resultierenden Konsultationsindex für Influenza, erscheint hier das günstigere und deutlich besser geeignete Verfahren zu sein.

Auffällig ist des Weiteren, dass die relative Belegung der Intensivbetten (8,1\pm0,4 Prozent des absoluten Maximums) im Sommer 2020 ähnlich verläuft, wie die Zahl täglicher Neuinfektionen (8,4\pm1,0 Prozent des Maximums der ersten Welle). Im Gegensatz dazu fällt die relative Zahl täglicher Sterbefälle deutlich stärker auf 2\pm0,4 Prozent des Maximums der ersten Welle. Wenn man davon ausgeht, dass die Zahl der Toten „echte“ Corona Tote anzeigt und man von einer konstanten Sterberate ausgeht, müsste sich die relative Zahl täglicher Neuinfektionen ebenfalls um zwei Prozent einpendeln. Bei einer niedrigen Prävalenz (wenige Infektionen) ist dagegen der relative Anteil falsch positiver Testergebnisse erhöht, wie oben beschrieben. Die falsch positiven Fälle können unter diesen Umständen 50 Prozent aller Neuinfektionen darstellen. Damit könnte ein Wert von vier Prozent erklärt werden aber nicht die festgestellten gut acht Prozent. Man kann daraus noch weitere Mechanismen vermuten, die den Anteil falsch positiv Infizierter erhöht.

Zusätzlich stellt sich nach Auswertung der Zahlen zur Belegung der Intensivbetten noch die Frage, wie man sich eine „falsch positive“ Belegung der Intensivbetten erklären könnte? Sollte dieser Wert tatsächlich fehlerbehaftet sein und müsste damit die Qualität dieses Wertes in Zweifel gezogen werden, wie dies schon für die Inzidenz der Fall ist, bleibt nicht mehr viel übrig, um politische Maßnahmen wissenschaftlich korrekt begründen zu können.

2 Gedanken zu „Corona – Quo Vadis“
  1. Lieber Robert,
    oh mann, da steckt viel Arbeit in diesem Artikel. Und alles nur um den evidenzfreien Blödsinn der Bundesregierung, Lauterbach und Drosten richtig einzuordnen.
    Was bleibt am Schluss übrig? Immer wieder die gleiche Frage, sind es einfach nur Idioten oder machen die das aus Bosheit? Ich für meinen Teil, bin überzeugt, dass das Böse wieder Gestalt angenommen hat und in die Welt gekommen ist.
    Mephisto sagt: „[Ich bin] ein Teil von jener Kraft,
    Die stets das Böse will und stets das Gute schafft. …
    Ich bin der Geist, der stets verneint!
    Und das mit Recht; denn alles, was entsteht,
    Ist wert, daß es zugrunde geht;
    Drum besser wär’s, daß nichts entstünde.
    So ist denn alles, was ihr Sünde,
    Zerstörung, kurz das Böse nennt,
    Mein eigentliches Element.“
    In diesem Sinne gibt es Hoffnung.
    Einen schönen Sonntag wünsch ich Dir und der Familie. Arne

    1. Danke, Arne. Ja, da steckt viel Arbeit . . . für ’ne Menge „Blödsinn“ – könnte man meinen. Es gibt viele, die die Unzulänglichkeit der Inzidenz als Grundlage weitreichender Entscheidungen in Zweifel ziehen. Und doch wird dieser Wert von der Exekutive als einziges Kriterium herangezogen, um quasi automatisiert Ausgangssperren zu verhängen, wenn die Inzidenz den Wert von 100 überschreitet.
      Das als Blödsinn abzutun, würde zu kurz greifen. Und, ja, das Böse ist wieder in die Welt gekommen: Das alles kann man als Vorbereitung zum „One Health“-Ansatz betrachten (https://www.epochtimes.de/politik/ausland/one-health-ansatz-staatschefs-fordern-vertrag-zur-bekaempfung-von-kommenden-pandemien-a3493378.html): „Regierungschefs zahlreicher Länder – inklusive Kanzlerin Merkel – warnen vor den nächsten Pandemien, die bestimmt kommen würden. Und da kein einzelner Staat und keine internationale Organisation dazu fähig wäre, diese Gesundheitskrisen alleine zu bewältigen, brauche es nun einen „Großen Vertrag zur Bekämpfung von Pandemien“.“ Könnte – würde – hätte . . .
      Als hätte Berlin die Pandemie bewältigt. Nein, es waren Tübingen und Rostock. Das föderale System schafft Lösungen. Genau das will Merkel abschaffen; am liebsten wohl im Sinne eines Great Reset.

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